Inle See

Heute war ein toller Tag! Zumindest was die Erlebensseite angeht, denn das Wetter zeigte sich von der weniger freundlichen Seite. Es hatte praktisch die ganze Nacht durchgeregnet und heute morgen beim Frühstück, das hier draussen serviert wird, war es entsprechend ungemütlich. Wie ausgemacht, holte MinMin uns um 08:30 Uhr am Hotel ab und führte uns zum Pier, an dem ein Kahn auf uns wartete. Der Kahn sah aus, wie eine etwas zu groß geratene Gondel. An der Menge der Kähne war auszumachen, was hier das beherrschende Transportmittel ist.

Typische Inle-Kähne
Typische Inle-Kähne

Bevor wir unseren Kahn erreichten, zeigte MinMin uns noch, was hier in Massen angelandet und per Lkw weitertransportiert wird. Neben anderem Gemüse, sind es vor allem in Massen geerntete Tomaten, die hier per Boot ankommen. Vor uns stand ein Lkw, dessen Ladefläche war mit sicher 1m hohen Bordwänden umschlossen. Die Ladefläche war schon zum größten Teil mit grünen Tomaten gefüllt. Die Tomaten würden nicht exportiert, sondern im Land verbraucht, erklärte MinMin. Sie werden grün geerntet, damit sie noch fest sind und gut transportiert werden können.

Grüne-Tomaten Transporter
Grüne-Tomaten Transporter

Der Liegeplatz lag an einem Kanal, der durch die Stadt führte und den südlich liegenden Inle-See mit dem nördlich der Stadt liegenden Zufluss aus den Bergen verband. Schnell hatten wir abgelegt und mit dem hier üblichen Tempo, nämlich Vollgas verließen wir Nyaung Shwe. Zunächst führte der sich deutlich verbreiternde Kanal durch einen dichten Gürtel schilfartiger Gewächse. Schließlich öffnete sich das Ganze und die gesamte Seefläche wurde sichtbar. Es war ein seltsamer Anblick wie der See links und rechts von zwei Bergketten umrahmt wurde, auf denen wieder eine dicke Wolkenschicht thronte, so dass die Bergspitzen verborgen blieben. Wie ein überdimensionaler Deckel kam mir das vor. Jetzt waren wir froh um unsere Fleecejacken, die wir schon während des Frückstücks getragen und für die Bootsfahrt mitgenommen hatten. Mit der Zeit wurde es bei dem Tempo und ohne Windschutz doch kühl. Am Ende des Sees befand sich ein Dorf, dessen Häuser fast ganz und gar auf Stelzen im See standen. In Ermangelung von nutzbarem Land hielten sie sogar ihre Schweine in kleinen Koben direkt am Haus über dem Wasser. Die Toilette war übrigens genauso angebracht. Hier wohnten Fischer und Bauern. Die Bauern zogen ihr Gemüse auf schwimmenden Beeten. Die werden zunächst mit Bambuspfählen fixiert, dann werden Pflanzenteile und Schlick vom Grund aufgelegt und schon wächst es. Wenn die Lagen dicker werden, schwimmen sie von alleine, die Bauern können sich sogar darauf stellen. Das alles hier erinnerte mich an einen Kevin Costner Film, Waterworld heißt er, meine ich. Der war bestimmt vorher mal hier, bevor er seine Endzeitvision umsetzte. Als erstes besuchten wir einen Markt, der recht groß war und nur alle fünf Tage stattfindet. Dazu kommen Sie über den ganzen See angefahren mit ihren Booten. Entsprechend überfüllt sah es hier aus. Der Gang durch die Marktreihen war faszinierend wie abstoßend zugleich.

Faszinierend vor allem wegen der vielen fremden Ethnien, mit ihren unterschiedlichen Kleidungen, Haartrachten und so weiter. Abstoßend aber auch wegen das unglaublichen Schmutzes, in dem hier alles abgewickelt wird. Das menschliche Wesen nicht versuchen ihre eigene Nahrung etwas würdevoller zu präsentieren, verwunderte mich wieder einmal. Dort wo es Souvenirs wie Schmuck, Handwerk und sonstigen Tand für Touristen zu kaufen gab, lag alles ordentlich auf kleinen Tischen. Wenn es aber um ihre eigenen Nahrungsmittel ging, lagen diese ganz häufig direkt auf dem Boden in einem ekligen, schlickigen Sud. Trotz dieser Eindrücke ließen wir uns von MinMin überreden einen typisch birmanischen Tee zu probieren. Der war recht gut (erinnerte etwas an Ostfriesentee mit Sahne) und wir hofften das ohne weitere Blessuren zu überstehen.

Als nächstes besuchten wir einen Handwerksbetrieb in dem Lotusfasern verarbeitet werden. Die bis zu 2m langen Stängel der Lotusse werden dafür alle 5-6 cm angeritzt und gebrochen. Zieht man die Bruchstellen auseinander, sah man im Inneren viele sehr feine Fasern.

Die schienen sehr elastisch zu sein, denn aus einem solchen Bruchstück entsteht eine ca. 50 cm lange Faser. Die entstehenden Garne werden entweder pur oder mit Seide kombiniert verarbeitet. Wir haben auch gesehen, wie eine Frau Kettgarne für die Webstühle vorbereitete. Das Einrichten eines Webstuhls für das Weben eines bestimmen Musters dauert bis zu zwei vollen Tagen! Weberinnen und Einrichterinnen sind im Übrigen nie die gleichen Personen, das sind spezialisierte Funktionen. Die Koordinationsfähigkeit der Weberinnen lässt beinahe den Vergleich mit Orgelspielern zu. Sie müssen mit einer Hand den Mechanismus für das Schiffchen und mit der anderen Hand den Rahmen, mit dem das verwebte Garn angedrückt wird, bewegen. Gleichzeitig bewegen sie mit beiden Füßen mehrere (teils 5-6) Pedale im richtigen Rhythmus, damit das gewünschte Muster zustande kommt.

Ich könnte mir jetzt die Finger wund schreiben über all das was wir noch gesehen haben. Ich möchte es aber nur kurz anreißen. Bilder dazu findet ihr anschließend, um eine Vorstellung zu bekommen. Wir sind ein wenig zwischen den Häusern durchgefahren und haben gegen Mittag in einem Restaurant lecker gegrillten Fisch gegessen. Danach durfte ich mit einer Ortsansässigen in den hier üblichen sehr flachen Kähnen eine Runde durch die ganz schmalen Wassersträßchen paddeln. Traudl ist im sicheren Restaurant geblieben. Auf dem flachen Gefährt musste man sich im Schneidersitz platzieren, alles andere war zu kippelig. Als wir zurückkehrten, sprach die Frau kurz mit MinMin. Er erklärte mir, dass die Dame mit meiner Paddelei sehr zufrieden war und sie mich anstellen würde. Ich lehnte dankend ab; das war doch zuviel der Ehre. Ich glaube, sie war ein klein bißchen enttäuscht. Wir haben die Pagode besucht, in der die Fünf Buddhas aufbewahrt werden, die jährlich in einer 21-tägigen Prozession um den ganzen See und einen Teil des Flusses hinab und wieder retour gezogen (!) werden. Die Buddhas sind dazu auf einer königlichen Barke platziert, die wiederum von einem davorgespannten Boot mit ca. 100 Stehpaddlern gezogen wird. Wir schauten uns auch die Arbeit auf den schwimmenden Gärten an und die der Fischer, die die Schuppentiere mit den Schlägen langer Bambusrohre in ihre Netze treiben.
Ob ihr es glaubt oder nicht, den ganzen Tag schaute die Sonne nicht durch die dicken Wolken, aber es regnete nicht. Wir waren kaum 10 Minuten in unserem Hotel und es goß wieder. Irgendetwas müssen wir bei Buddha gut haben.

4 Kommentare zu „Inle See

  1. Na ja, so schlimm ist es noch nicht bei uns. Ich bin zwar am Sonntag im Schnee gestapft, aber auf dem Flachland ist es noch grün. Es wird auch wieder wärmer bei uns, vielleicht überpringen wir mal den Winter 😉
    Die Kommentare scheinen nicht anzukommen?
    Ihr seid einfach zu weit weg 🙂

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