Bayamos

Es war mal wieder dunkelgrau, als wir das Haus verliessen, um uns nach einem tollen Frühstück in die Altstadt von Camagüey zu stürzen. Alina hatte uns neben dem schon großen Omelett noch jedem eine super leckere Bulette gebraten. Wahrscheinlich als Ersatz, weil Sie kein Obst bekommen hat. Pappsatt laufen wir los. Zum gehen war das Wetter ganz ok, manchmal hat leider etwas Licht für die Fotos gefehlt. Heute ist Wahlsonntag auf ganz Kuba und es ist sehr ruhig auf den Straßen. Einige der Kirchen sind ganz gut besucht. Eine sogar richtig voll. Total witzig fanden wir, dass einige Leute ihre Fahrräder mit in die Kirche nahmen, um sie unter Aufsicht zu haben. Sie standen gleich neben den Sitzbänken. Sogar ein Motorroller war darunter. Für den Rest warteten draußen jede Menge Bici-Taxis. Unterwegs tröpfelte es immer mal wieder. Wir erlebten hier die gleichen unschönen Dinge, wie wir sie auch in lange touristisch aktiven Gegenden erlebt haben. Bettelei, fordernde Anmache und auch kleine Gaunereien. In einer Kirche bspw. Bin ich auf den Turm gestiegen. Unten stand, dass dafür bitte eine Spende in den Sammelkasten zu legen sei. Traudl wollte nicht mit und ich bin raufgestiegen. Traudl erzählte mir danach, dass eine alte Dame sie angesprochen habe, dass ich bezahlen müsse. Traudl hat das dann getan, den CUC aber der fordernden Dame gegeben. Die hat ihn dann aber selber eingesteckt, statt ihn in die Box zu tun. Die Betteleien hatten wir in Trinidad schon im Stadtmuseum gesehen. Dort stand ein Grüppchen recht gut gekleideter Damen vor dem Eingang und ging echt fordernd auf Reisegruppen los. Hier insbesondere auf die Frauen, um kleine Gaben wie Shampoos, Deos etc. zu ergattern. Es steht übrigens in vielen Reiseführern, so was als Geschenk mitzunehmen, da es hier Mangelware ist. Die wirkten aber eher wie erfahrene und offenbar erfolgreiche Zwischenhändlerinnen. Hier gab es exakt das gleiche wieder.

Das ist übrigens einer der nicht gelungenen Aspekte des Socialismo. Es werden Westwaren importiert und in speziellen Geschäften gegen harte Touristenwährung, den CUC (z. Zt. 1:25 zum einheimischen Peso) verkauft. Deshalb versuchen nun immer mehr Menschen aus dem kargen Leben des durch Lebensmittelgutscheine und andere Zuteilungsformen gesteuerten Sozialismus zu entkommen und an CUC zu kommen. Zimmermädchen oder Restaurantbedienung ist hier ein heißbegehrter Job, ganz anders als bei uns. Das Trinkgeld eines Tages kann schnell über dem Monatsverdienst eines Durchschnittskubaners liegen.

Kurz nach dem Mittagsläuten begann es dann richtig zu regnen und wir flüchteten in das Stadtcafe. Dort tranken wir Kaffee, aßen ein leckeres Stückchen Schokolade, das es dazu gab, trafen ein englisches Pärchen wieder, das wir schon in Trinidad kurz gesehen hatten und sprachen mit einem jungen kubanischem Musiker, der im Dezember mit seiner Gruppe nach Berlin gehen wird, um dort zu spielen und 2 Monate lang je 1900 Euro verdienen will. Wir wünschen ihm, dass es gelingt.

Um halb zwei brechen wir dann auf, weil es einfach nicht aufhören will zu regen. Kaum sind wir aus der Stadt raus, wird der Regen leichter und hört schließlich auf.

Die Fahrt nach Bayamo zieht sich ganz schön hin. Die Carretera Central ist inzwischen ebenfalls zuende und es geht auf der normalen Landstraße ostwärts. Abschnittsweise ist die Straße in wirklich gutem Zustand, da es aber außer dieser Straße kaum noch eine andere gibt und auch sonstige Wege nicht vorhanden sind, müssen alle die Straße nutzen. So sind hier vom Fußgänger über Radfahrer, Ochsen- und Pferdekarren, Oldtimer, Pkw, Lkw bis zum topmodernen Reisebus alle gleichzeitig unterwegs. Hört sich jetzt schlimmer an, als es tatsächlich ist, denn die motorgetriebenen Fahrzeuge sind deutlich in der Unterzahl. Außerhalb von Ortschaften kann es deshalb passieren, dass die Straße schnurgeradeaus führt und kein einziges Fahrzeug zu sehen ist. Stattdessen müssen wir auf die Schlaglöcher und die langsameren Straßennutzer achten.

Die Landschaft ist durchaus abwechslungreich. Uns fallen immer wieder die sehr großen Weideflächen auf. Es scheint hier sehr viel Viehwirtschaft zu geben.

Kurz vor Bayamo fängt es wieder an zu regnen. Na toll, jetzt war ich gerade wieder trocken. Ganz ohne zwielichtige Navigateure finden wir recht schnell unsere Unterkunft. Amaryli öffnet uns freudestrahlend die Tür und heisst uns willkommen. Inzwischen ist es schon wieder dunkel geworden und Amaryli empfiehlt das Auto in einer Garage unterzustellen. Es nachts vor dem Hausstehen zu lassen, hält sie nicht für gut. Sie telefoniert kurz, dann ist das organisiert. Eine Freundin von ihr hat Platz und freut sich auf 2 CUC. Das ist ok. Ich kurve mit Amarylli um einige Blocks (ist hier nie ganz einfach, weil die Altstädte immer etwas enge Einbahnstraßensysteme sind) dann stehen wir vor einer privaten Garage, komplett mit einem großen Eisentor verschlossen. Darin ist bereits ein Auto und Platz für ein weiteres. Die Dame, die uns öffnete, ist sehr symphatisch und wirkt absolut vertrauenswürdig. Also Auto rein und zu Fuß retour. Auf dem kurzen Rückweg frage ich nach Amaryllis Mann, dessen Name ich bei der Buchung gesehen habe. Nun erfahre ich, wie zerstreut die Familie lebt. Ihr Mann ist US-Amerikaner und arbeitet gerade in der Nähe von Houston. In vier Monaten (vielleicht) wird er wieder zurückkommen. Ihre Tochter hat einen Chirurgen geheiratet, der eine Professur als Chirurg in Bolivien hat und mit ihr dort lebt. Die werden sie Weihnachten besuchen kommen. Und zur Zeit ist noch ein alter Freund für eine Nacht da, der heute aus Baracoa kam, um morgen in seine Heimat nach Mexico zurückzukehren. Ok, ich versuche nie mehr traurig sein, weil meine Tochter in Offenbach lebt. Auf Amaryllis Empfehlung hin ziehen wir in die Stadt zu Don Carlos, so heisst das Restaurant. Wir essen tatsächlich sehr gut dort, sogar der Salatteller ist fällt mal etwas größer als sonst. Wenn auch die Auswahl mit Gurke, grüner Bohne und Avocado wie gewohnt „pappig“ ist. Wir fragen uns, wo gehen all die Tomaten, Paprika, Maiskörner etc, die wir schon auf den Feldern haben stehen sehen hin? Zum Abschluss wollen wir noch einen Mojito trinken, um den Abend ausklingen zu lassen. Aber außer Bier gibt es heute keine Alkoholika. Warum, das verstehen wir nicht. Vielleicht hat das noch mit dem ersten Todestag von Fidel am Wochenende zu tun. Also trollen wir uns und ziehen noch ein wenig durch die Altstadt. Die Plätze im kleinen Bayamo sind etwas heimeliger als in den größeren Orten und im Gegensatz zu den merkwürdigen Gestalten in Camagüey fühlen wir uns hier sicher. Es sind auch keine Polizisten zu sehen; in Camagüey hat die Innenstadt am Abend gewimmelt von Polizei! Retour an der Casa ist nun ein anderer Bediensteter zugegen. Er fragt uns nach den Frühstückswünschen und wie es so war im Don Carlos. Ich habe ihm dann erzählt, dass wir dort nichts mehr zu trinken bekamen, worauf wir fünf Minuten später zwei Cuba Libre auf dem Tisch stehen hatten. Dann kam auch Amarylli wieder heim und zeigte uns noch ganz stolz ihren Garten hinter dem Haus. Da haben wir unseren Drink zuende geschlürft, sind dann aber auch wieder reingegangen, von nebenan Nachbars Sau wenig appetitlich Geräusche von sich gab.

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