Aufbruch ans Ende Kubas

In einigen Ecken soweit im Osten Kubas hätte man auch Jurassic Park drehen können. Da waren wir aber noch lange nicht. Zunächst sind wir nämlich an der Hafenpromenade vorbei und auf der Carreterra Turistica teils hart am Ufer zur Festung El Morro gefahren. Die hat wirklich eine grandiose Lage, um die Einfahrt in die sich weit öffnende Bucht Santiagos zu beschützen. Bei dem Versuch haben sich wohl auch so manche Flottenchefs eine blutige Nase geholt. Da in der Festung befindliche Museum dokumentiert zumindest in teils akribischer Form die hier siegreich geschlagen Schlachten. Heute rosten die Kanonen friedlich vor sich hin. Die immer noch sehr zahlreich vorhandene Festungsmannschaft hat aber mehr damit zu tun die morschen Treppen und Geländer instand zu setzen und die Touristen zur Kasse zu bitten. 13 CUC zahlen wir für Eintritt und Fotoerlaubnis!
Danach machen wir uns auf den Weg nach Baracoa. Zunächst fahren wir mal dicht im Osten Santiagos Richtung Norden. Bereits gestern Nachmittag haben wir immer wieder Ausschau nach einer Tankstelle gehalten. Aber entweder waren sie gerade im Umbau oder sie hatten kein Superbenzin, worauf man uns eindringlich verpflichtet hatte. Die Straße wurde plötzlich autobahnähnlich aber es zeigte sich keine Tanke. So langsam wurde mir mulmig, die Anzeige hatte sich bereits einmal piepsend zu Worte gemeldet. Da fiel mir ein, dass wir von unserer Agentur einen einfachen Kuba-Straßenatlas bekommen hatten. Vielleicht waren da ja Tankstellen eingezeichnet. Das war der Fall. Die nächstgelegene sollte in einem Ort liegen, der höchstens 15 Kilometer weg war. Nach Here WeGo, sollte die Abfahrt ins nächste Dorf und dann die durch das Dorf führende Landstraße schnurstracks dort hinführen. Kaum waren wir in dem Dorf, begegneten wir wieder einer als Straße verkleideten Mondlandschaft. So einen Rover der dort fuhr, hätten wir jetzt gerne. Traudl kurvt in höchster Konzentration um Hügel wie Schlaglöcher, dazu noch die üblichen Verkehrshindernisse in Form von Fußgängern, Radfahrern, Reitern, Kutschen etc. pp.. Unsere Karte stimmt hinten und vorne nicht. Eine Straße endet im nirgendwo, eine Zufahrt auf die zuvor befahrene Autobahn existiert nicht, bzw. besteht aus einem Stück Feldweg, daß im 45 Gradwinkel auf die 10 Meter über uns liegende Straße führt. So kommen wir nie in den gesuchten Ort. Also nehmen wir exakt den gleichen Weg retour, bis dort ein Abzweiger in den gesuchten Ort kommt. Auf einer kleinen und wie üblichen schlechten Straße geht es weiter, alles in absoluter Spritspar-
Manier, knapp über sechzig, damit der höchste Gang eingelegt ist, Klimaanlage aus, konstant fahren. Die Straße zieht sich, geht jetzt auch nach bergab, bergauf. Endlich der gesuchte Ort. Die Spritwarnung kam gerade zum dritten Mal. Noch keine Tanke gesehen. Wir stehen an einer großen Kreuzung mit Rasthäuschen, da sitzen zwei Busfahrer und diskutieren über irgendwelchen Papieren. Ich frage freundlich und bekomme sofort von Zweien gleichzeitig in einem Schwall Spanisch die Richtung gewiesen. Ich verstehe nüscht, ahne die Richtung aber aus den übereinstimmenden Gesten. Knapp einen Kilometer soll es noch sein. Wir fahren los und landen in einem Örtchen wie zuvor. Aber mittendrin ist die Tanke, etwas sonderbar auf einem kleinen Hügel aber ok. Gar nicht ok ist, dass es kein Super gibt. Nur 83 statt 94 Oktan. Ist mir jetzt egal. Da kommen jetzt 10 Liter drauf und mit den 2 Litern, die vielleicht noch drin sind, haben wir schon 85 Oktan. Wird ja wohl reichen. Wir fahren weiter und nach den ersten Kilometern schnurrt der Motor immer noch brav vor sich hin. Jetzt wollen wir mal Pause machen. Das ist hier nicht so einfach, aber schließlich finden wir einen kleinen Paladar. Völlig baff sind wir als davor ein vorn und hinten vollgepacktes Reiserad steht. Wir haben wieder knapp 30 Grad und knapp 100% Luftfeuchte. Entsprechend verschwitzt ist der Typ, der offenbar zu dem Rad gehört. Nach kurzer Zeit schon sind wir im Gespräch mit Brian aus Kanada. Es ist zum elften Mal mit dem Rad in Kuba unterwegs! Dieses Mal 5 Wochen und drei hat er schon hinter sich. Immer war er mit dem Rad hier. Auch er bestätigt, dass der Tourismus fulminat gewachsen ist. Anfangs gab es noch kaum Unterkünfte, vor allem auf dem Land. Nun ist ganz Kuba von Casas Particulares überzogen. Die Veränderungen in den touristischen Hotspots sind ihm auch schon aufgefallen, aber die interessieren ihn nicht mehr. Die kennt er längst, meidet sie und radelt durch das Hinterland. Als ihn nach Temperatur und Feuchte frage und wie er das verträgt, er sieht nämlich nicht mehr ganz jung aus, antwortet er: No problem, i go slow. I’m retired and have the time. Als ich antworte, das ist gut, aber ich habe noch ein Jahr bis es soweit ist, meint er: That’s great, it’s like being a teenager again, but with more money! Wir lachen herzlich, verabschieden uns und gehen beide unserer Wege.
Uns fällt auf, wie gut die kleine Landstraße in Schuß ist. Das ist mal eine angenehme Überraschung. Wenn wir dem Braten auch noch nicht so ganz trauen. Dann führt die Wegweisung nach Guantanamo plötzlich ganz woanders hin als meine Karte es zeigt. Nach den bisherigen Erfahrungen folgen wir mal lieber der Wegweisung, wenn es schon mal eine gibt. Nun wird die Straße immer breiter und schließlich sogar 4-spurig. Ja, was ist denn nun los? Schnell haben wir Guantanamo erreicht und durchfahren.Ein Stückchen dahinter fällt uns ein Schild auf zu einem Mirador. Da es eh Zeit ist für ein Päuschen, biegen wir ab und fahren eine steile Straße hinauf. WOW, was für ein Blick auf der einen Seite über das Tiefland von Guantanamo und auf der anderen Seite in die Berge. Wir sehen aber auch, dass die wunderschönen Quellwolken sich zu einem ausgewachsenen Gewitter hochgetürmt haben. In der Ferne donnert es schon und offensichtlich haut es richtig Wasser vom Himmel. Wir schaffen es gerade noch unsere Pause in Ruhe zu beenden, da fallen die ersten Tropfen. Das wächst sich nach kurzer Fahrt wieder zu einem ziemlichen Wolkenbruch aus. Nach einer halben Stunde ist alles vorbei und die Landschaft verändert sich rapide. Offenbar herrscht hier ein mediterranes, fast arides Klima. Lauter Kakteen und Agaven ziehen sich die kargen Felsen hinauf. Kühe sehen wir schon lange nicht mehr, dafür kreuzen Heerscharen von Ziegen unseren Weg. Die Landschaft, die später beim Beginn des Passaufstieges zum La Farola wieder tropischer wird, ist einfach grandios! Immer wieder bleiben wir stehen um ein Foto zu schießen. Hier habe ich das Gefühl jeden Moment könnte einer der Flugsaurier um die bewaldeten Kegel flattern. So verdaddeln wir uns etwas und als wir die Passhöhe erreichen, realisieren wir erst, dass gerade Sonnenuntergang war. Au weia und noch 30 Km Passstraße nach Baracoa. Als es richtig dunkel ist, sind wir noch nicht ganz in der Stadt. Jetzt aber wird die Fahrerei richtig heiß. Bis auf Autos ist hier alles (!) unbeleuchtet unterwegs. Zu allem Unglück ist die Straße hier plötzlich voll mit Leben. Bislang waren sie wie ausgestorben. Nun scheinen sich alle gleichzeitig auf diese Lebensader zu ergießen. Traudl dürfte heute Nacht Albträume haben, zumindest hat sie von der schlimmsten Fahrt ihres Lebens gesprochen. Nach etwas Sucherei in Baracoas Einbahnstraßensystem unterstützt durch die wieder mal nicht stimmende Karte, finden wir die Unterkunft schließlich. Nach einem herzlichen Empfang und einer erfrischenden Dusche relaxen wir etwas im Lehnstuhl, bevor wir uns von der Herbergsmutter verköstigen lassen. Was für ein Essen!! Mein Fisch in einer lecker gewürzten und mit Kokosnuss unterstrichenen Soße ist der Hammer. Das Fleisch ist wie von einem Thunfisch, fest aber saftig. Wir sind gerade am Ende des Festmahls angekommen, da fängt es an zu regnen. Und natürlich so, dass es sich lohnt. Rasch durchdringt der Regen die Orchideen auf der Pergola und setzt alles unter Wasser.
Während des Essens lernen wir die Bewohner des zweiten Zimmers kennen. Hammer – Christoph und Lisa kommen aus München. Christoph arbeitet im Krankenhaus Agatharied und pendelt jeden Tag mit der BOB hin und her. Er ist bereits zum sechsten Mal auf Kuba, sie zum dritten Mal. Deshalb kennen sie die großen Sehenswürdigkeiten bereits und verbringen deshalb sechs Tage am Stück hier. Morgen bspw. ist ein Strandtag eingeplant. Manchmal ist die Welt so klein!
Müde und aber zufrieden sinken wir in die Federn. Bisher hat kein Hahn gekräht oder Hund gebellt.

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